Interview voller Good-News für D & CH Fans

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Baschi ist am Freitag der Hauptakt am Liestal Air, er hat sich eben erst in Basel ein Tonstudio gekauft und momentan ist er dabei, neue Songs zu schreiben. Die bz hat sich mit dem Gelterkinder getroffen und ihn mit Fragen gelöchert. (von Hans-Martin Jermann und Bojan Stula)

Dies entspricht nun ganz und gar nicht dem Rockstar-Klischee: Der Gelterkinder Baschi empfängt die bz zum Interview und schlägt als Termin einen Montagmorgen um 8.15 Uhr vor. Baschi hat in seinem vor kurzem gekauften Tonstudio alle Hände voll zu tun, und er bastelt an neuen Songs, wie er verrät. Da kann und will er es sich nicht leisten, wie ein Rockstar auszuschlafen und zunächst mal gemütlich zu brunchen.
Überhaupt hat der Gelterkinder, der bereits mit knapp 28 als einer der erfolgreichsten Schweizer Musiker aller Zeiten gilt, keinerlei Starallüren. Im Gespräch in einem Café im Basler Gundeldinger Quartier erweist sich Baschi zwar als selbstbewusster, aber doch geerdeter und selbstkritischer Zeitgenosse.
Baschi will nächstes Jahr nochmals einen Anlauf für den Durchbruch in Deutschland nehmen. Zudem ist er überzeugt, als Komponist mit eigenem Tonstudio auch Hits für andere Künstler landen zu können. Am Freitag tritt Baschi am Liestal Air in seinem Heimatkanton auf. Für die bz die Gelegenheit, den Musiker auch auf aktuelle Themen wie die Kantonsfusion anzusprechen.

Baschi, an der WM 2006 war Ihr Fussballsong «Chum bring en hei» in aller Ohren. Diesmal ist es ziemlich still um Sie. Fuchst es Sie, in Brasilien nicht dabei zu sein?
Baschi: Ich wäre schon gerne dabei gewesen, habe aber derzeit gerade etwas zu viel um die Ohren. Ich erinnere mich gerne an die WM 2006 zurück. Damals sangen nach Schweiz – Togo auf der Dortmunder Fanmeile Tausende «Chum bring en hei». Also beschlossen wir spontan, ans nächste Spiel nach Hannover zu fahren. Ich hatte dann auf der dortigen Fanmeile einen Auftritt. Danach wurde ich vom Bürgermeister mit der Limousine hinter der Bühne abgeholt und ins Stadion zum Spiel der Schweiz gegen Südkorea gefahren. Wir hatten Chef-Plätze nahe an der Mittellinie. Es war cool, dabei zu sein. Doch so toll dieses Erlebnis persönlich war, und so toll spielerisch die aktuelle WM auch ist, muss ich auch sagen: Es ist nicht alles gut, was im Umfeld einer WM abläuft.

Was meinen Sie damit?
Eine Fussball-WM bewegt sich in einem sehr heiklen Spannungsfeld: Da sind auf der einen Seite die Freude am Sport, die Emotionen. Auf der anderen Seite Favelas, die wegen Stadion-Neubauten abgerissen wurden, oder Strassenkinder, die abgeschoben werden, weil sie nicht ins Bild der WM passen. Das ist Wahnsinn. Vor zehn Jahren haben mich diese negativen Begleitumstände nicht so stark interessiert. Heute denke ich manchmal, dass man eine Fussball-WM kaum guten Gewissens verfolgen kann.

Zurück zum Anfang: Hätte Sie eine Neuauflage des WM-Songs gereizt?
Diese Idee wurde natürlich aufgeworfen. Ich hätte auch wie in Deutschland mit den Nati-Spielern einen WM-Song trällern können. Aber das hat sich nicht so ergeben. Ich habe die «Chum bring en hei»-Zeit intensiv genossen, möchte nun aber einen Schritt weiter kommen. Wenn ich nochmals einen Fussball-Song aufnehme, dann für den FC Basel.

Sie sind erst knapp 28-jährig, aber bereits ein alter Hase im Schweizer Musikgeschäft. Sie haben erreicht, wovon andere träumen; 350’000 verkaufte Platten, umjubelte Konzerte. Welche Ziele als Künstler haben Sie noch?
Ich habe gerade gestern auf einer Autofahrt darüber nachgedacht. Ja, ich habe in den letzten zehn Jahren als Musiker schon einiges erreicht – und dennoch ist da Luft nach oben. Es gibt einige Festivals, die ich noch nicht gespielt habe. Auch möchte ich nochmals einen Erfolg mit einer CD landen. Ich würde es gerne nochmals in Deutschland probieren. Mein erster Versuch lief schlecht, aber ich glaube, dass das Potenzial in Deutschland für mich da ist. Gemeinsam mit meinem Partner Philippe Merk habe ich mir den Traum eines eigenen Tonstudios erfüllt. Damit hat sich für uns eine neue Welt eröffnet: Wir können nun auch Songs anderer Künstler aufnehmen, die es ebenfalls schaffen könnten. Als Nächstes realisiere ich nun aber mein eigenes schweizerdeutsches Album für nächstes Jahr. Und dann schauen wir weiter. Ich bin nicht der Typ, der seine Karriere auf Jahre hinaus plant. Ich kann ja kaum eine Woche vorausplanen.

Sie befinden sich gerade an einem Wendepunkt Ihrer Karriere. Müssten Sie Ihr Umfeld verändern, um den angesprochenen Schritt weiter zu kommen?
Schwierig zu sagen. Die Erfolge der letzten zehn Jahre zeigen, dass viele Entscheide richtig waren. Es ist wie im Fussball: Wann veränderst Du als Trainer Dein Team? Soll man Wechsel reinbringen, obwohl es gerade gut läuft? Wichtig ist für mich, dass ich selber mehr Verantwortung übernehme. Das fängt bei Kleinigkeiten an: Dass ich zum Beispiel mit Ihnen das Interview persönlich abgemacht habe, anstatt dies von meiner Plattenfirma erledigen zu lassen. Ich habe bereits meine zwei letzten Alben zusammen mit Philippe Merk in Eigenregie geschrieben und produziert. Ich bin stolz über meine Entwicklung vom Nobody, der kaum einen Song selber schreiben konnte, zum Komponisten, der auch für andere arbeitet.

Sie sind kommerziell nicht mehr so erfolgreich wie vor sieben, acht Jahren, zu Zeiten von «Chum bring en hei» oder «Wenn das Gott wüsst».
Die Charts-Erfolge haben sich in den letzten Jahren stark relativiert. Heute schaffst du es mit ein paar hundert verkauften CD pro Woche auf Platz eins der Hitparade. Wenn es sein muss, kannst du deine Freunde und Bekannten dafür einspannen. Als ich Mitte der Nullerjahre durchstartete, musste ich mehrere tausend CD pro Woche verkaufen, um vorne mitzumischen. Heute geht es mehr darum, mit einer Platte über eine längere Zeit im Gespräch zu bleiben.

In Zeiten von Gratis-Downloads werden Live-Konzerte wieder wichtiger.
Ja schon. Aber auch hier ist das Geschäft härter geworden. Es gibt landauf, landab so viele Konzerte. Die Konzertbesucher sind verwöhnt. Man muss etwas Aussergewöhnliches bieten, um sie in die Hallen zu locken. Aber ich bin überzeugt: Qualität setzt sich durch.

Weshalb haben Sie viel Geld in ein eigenes Studio gesteckt? Im Digital-Zeitalter ist das doch Harakiri!
Logisch. Alle, die das gehört haben, haben den Kopf geschüttelt. Philippe Merk und ich sehen die Investition als Statement für die Musik. Zudem sind wir überzeugt, als Komponisten einen guten Riecher zu haben und so für andere Musiker Songs zu schreiben, die Erfolg haben könnten.

Wo steht Baschi in zehn Jahren?
Das Wichtigste ist, dass ich nach wie vor Musik machen und nach Möglichkeit davon leben kann. Ich versteife mich aber nicht darauf. Im Gegensatz zu älteren Kollegen, die seit über 30 Jahren musizieren und sich nichts mehr anderes vorstellen könnten, bin ich offen für einen Wechsel. Ich koche zum Beispiel leidenschaftlich gerne.

Haben Sie bereits eine eigene Beiz?
Erst bei mir zu Hause (lacht). Ich könnte mir aber schon vorstellen, mal eine Bar oder ein Restaurant zu führen.

Wie fühlen Sie sich eigentlich von den Medien behandelt?
Ich will mich nicht beklagen. Manchmal komme ich in den Zeitungen gut weg, mal weniger – wie die Spieler der Schweizer Nati. Gegenüber den Fussballern habe ich allerdings den Nachteil, dass ich mich nicht jede Woche behaupten kann. Eine für mich unvorteilhafte CD-Kritik hält da länger an. Für einige Journalisten könnte ich das Album des Jahrhunderts schreiben, und sie würden immer noch kritisieren. Andere setzen sich sehr differenziert mit meinem Schaffen auseinander.

Eine Schmutzkampagne ist gegen Sie noch nie gefahren worden. Angesichts Ihres Bekanntheitsgrades ist das erstaunlich.
Ich hatte grossen Respekt, als meine Partnerin Katy Winter und ich uns nach neun Jahren trennten. Wir liessen damals eine Medienmitteilung raus, ohne diese allerdings zu kommentieren. Wenn eine Boulevard-Zeitung dies gewollt hätte, hätte man daraus eine Story drehen können. Aber nichts ist passiert. Am Folgetag gab es eine relativ nüchterne Medienberichterstattung. Das wars.

Themenwechsel: Sie treten am Freitag am Liestal Air auf. Ist das nicht unter der Würde eines Baschi, der an grossen Festivals spielen will?
Nein, nein, überhaupt nicht. Ich muss nicht einen riesigen Backstage-Bereich für mich haben, um mich an einem Festival wohlzufühlen. Solange Organisation und Sound nicht unter aller Sau sind, bin ich konzertmässig für praktisch alles zu haben. Ich habe bereits einmal am Liestal Air gespielt und habe das Konzert in guter Erinnerung. Ich schätze zudem das Umfeld an kleineren Open Airs. Die Organisatoren und die Menschen im Umfeld freuen sich in der Regel sehr, dass man zu ihnen kommt.

Macht es für Sie einen Unterschied, ob Sie in Liestal oder Aarau spielen?
Nein. Ich gebe auf der Bühne immer alles. Natürlich kenne ich in Liestal im Publikum mehr Leute als anderswo. Ich habe hier einst das KV besucht, ging im Gitterli ins Fussballtraining. Allerdings haben sich für mich die geografischen Grenzen in den letzten Jahren verwischt.

Trifft man Sie noch in Gelterkinden an, wo Sie aufgewachsen sind?
Selten. Zu selten. Ich bin hin und wieder mal zu Besuch bei Verwandten.

Und was passiert, wenn Sie in Gelterkinden auftauchen? Klopfen Ihnen dann alle auf die Schultern?
Wegen mir dreht in Gelterkinden niemand durch. Die Oberbaselbieter sind da sehr zurückhaltend und bodenständig. Ich denke, diese Mentalität hat sich auf mich übertragen. Ich hätte in den letzten Jahren bei einigen Gelegenheiten denken können: «Hey, jetzt bist Du der König der Schweiz.» Ich bin nicht abgehoben. Diese Bodenhaftung habe ich von irgendwo.

Sie haben in Gelterkinden einst mit Sarah-Jane und Ira May im selben Schulchor mitgemacht. Diese Konstellation mit gleich drei Talenten aus demselben Chor, die später den Durchbruch geschafft haben, ist in der Schweiz einzigartig.
Im Chor waren lauter Mädchen. Das hat mir natürlich gefallen. Spass beiseite: Peter Spinnler, der Leiter des Sekundarschulchors, hat uns sehr gefördert, er ist ein super Typ. Die Initialzündung war für mich ein Konzert im Marabu, ich sang «Baila Morena» von Zucchero. Nach dem Auftritt kamen einige zu mir und sagten: «Cool, ich habe gar nicht gewusst, dass du so eine raue Stimme hast.» Das Ganze ging aber noch weiter zurück: Ich sang zuvor bereits in der Primarschule in einem Chor von Andreas Weber, dies mehr auf kirchlicher Basis. Wir wurden von der Schule von Anfang an gefördert.

Wann werden wir das erste Duett von Ihnen mit Ira May hören?
Das wäre geil. Ich habe Iris (Ira May heisst bürgerlich Iris Bösiger; d. Red.) leider ewig nicht mehr gesehen, aber ihr kürzlich auf Facebook zu ihrem Aufstieg gratuliert. Was sie in den letzten Monaten erlebt hat, passiert in der Schweizer Musikszene heute sehr selten: dass jemand ohne Castingshow oder Ähnliches derart durchstartet.

Was halten Sie von einer Kantonsfusion? Als Oberbaselbieter, der in Basel lebt, sind Sie der Experte.
Als junger Mensch bin ich da sehr offen. Ich habe es acht Jahre im Aargau ausgehalten, obwohl da viele gesagt haben: «Das geht ja gar nicht.» Ich muss gestehen, dass ich die Hintergründe und möglichen Folgen einer Kantonsfusion überhaupt nicht kenne. Welche steuertechnischen Folgen dies etwa hätte, oder wie die künftigen politischen Strukturen aussehen würden. Ich kann nur die emotionale Seite beurteilen. Als Jugendlicher bin ich früher gerne als Oberbaselbieter mit dem Zug in die Stadt gefahren. Ich war auch stolz auf meine Herkunft. Ich denke allerdings, dass dies den Jungen heute egal ist.

Würden Sie sich denn von einer Partei im Abstimmungskampf vor den Karren spannen lassen?
Die Fusionsgegner haben mich natürlich bereits gefragt. Aber da bei einer oder der anderen Seite mitzumachen, ist nicht mein Ding.

Wie stellen Sie sich andernorts vor: Als Baselbieter oder als Basler?
In der Schweiz immer als Baselbieter. Ausserhalb der Nordwestschweiz ist oft von «Baschi, der Basler» die Rede. Ich korrigiere dann: «Stopp: Ich bin Baselbieter». Im Ausland erkläre ich, dass ich aus der Nähe von Basel stamme.

(Quelle: bz Basel)

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